Neu in Deutschland - Nr. 10

10 Warum trägst du kein Kopftuch? – Das wurde ich schon in Syrien immer gefragt. Ich dachte, in Deutschland denken die Menschen freier darüber. Wenn ich sage, dass ich Araberin bin, fragen die meisten Deutschen, warum ich kein Kopftuch trage. Sie haben offenbar ein festes Bild von der arabischen Frau, und da passe ich nicht rein. Dima Halabi Was ich gerne gefragt werde... Welche Religion hast du? – Das werde ich nicht gerne gefragt. Warum ist das so wich- tig? Issam Al-Najm Was studierst du? – In Syrien war das eine gute Frage. Hier setzt mich die Frage unter Druck. Rashed Alalej In Deutschland habe ich mal eine Frau nach ihrem Alter gefragt. Wir saßen mit ein paar Freunden in einer Kneipe. „Die Frau antwortete: So etwas fragt man nicht!“ Kurz darauf drehte sie sich weg. Unser Gespräch war beendet. Ich wusste nicht, dass diese Frage so ein Tabu in der deutschen Gesellschaft ist. Khaled Al Rifai Warum bist du nicht verheiratet? – In Syrien wurde ich das ständig gefragt, in Deutsch- land zum Glück noch nicht. Warum mischen sich die Menschen in mein Leben ein? Lamia Hassow Ja, diese Frage ist überflüssig. Issam Al-Najm Ich mag diese Frage auch nicht. Ich habe meine bessere Hälfte eben noch nicht gefun- den. Omar Alnabulsi Aus welchem Land kommst du? – Das ist so eine komplizierte Frage. Ich komme aus einem Land, das mit Waffen gebaut wurde und gerade mit Waffen zerstört wird. Soll das meine Heimat sein? Die ganze Welt ist meine Heimat! Ciwan Mohemed Was gibt‘s Neues? – Seit ich in Deutschland bin, mag ich diese Frage nicht. Es gibt nicht viel Neues. Noch schlimmer ist die Frage: Hast Du Arbeit gefunden? Omar Alnabulsi Was machen Sie? – Diese Frage höre ich im Jobcenter immer wieder. Sie wollen von mir hören: Oh, alles läuft sehr gut, ich habe meine Deutschprüfung bestanden und Arbeit gefunden... Leider müssen wir etwas anderes antworten und die Gesichter der Sachbearbeiter werden dunkler als unsere eigenen Hoffnungen... Rashed Alalej Warum bist du nach Deutschland geflohen? – Diese Frage finde ich unhöflich. Jeder weiß, dass es in meinem Land Krieg gibt. Ich höre darin immer auch eine andere Frage: Warum bist du nicht in Syrien geblieben? Weil ich gezwungen war, zu gehen. Sami Omar Viele denken, wenn sie mich sehen, ich käme aus Italien. Wir führen ein fröhliches Gespräch. Wenn sich he- rausstellt, dass ich aus Syrien kom- me, geht es oft sofort um den Krieg und die Politik in Syrien. Ich habe meine Meinung dazu, aber darüber möchte ich nicht sprechen. Omar Alnabulsi Die Frage nach meiner Heimat mag ich auch nicht. Ich komme aus der kurdischen Region in Syrien. Ich sage: Ich komme aus Kurdistan. Ich sage das, weil ich Kurdin bin und die kurdische Herkunft in meinem Land immer eine Rolle gespielt hat. Aber das gefällt vielen Menschen nicht. Lamia Hassow nicht Alle Fotos: Wolgang Wedel

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