Neu in Deutschland - Nr. 10

Als ich meinen Freunden in Syrien von dem Plan erzählte, dass ich nach Deutschland gehen wollte, um mein Studium zu been- den, äußerten einige von ihnen Befürchtun- gen. Über die westliche Zivilisation hatten sie in den Zeitungen gelesen und im Fern- sehen gehört – manches Gute, aber auch viel Schlechtes. Wenn ich höre, was meine Freunde sagen, ärgere ich mich, dass sie alle Menschen im Westen „in eine Was- serpfeife stecken“, wie wir im Arabischen sagen. Genauso tun es übrigens die Bayern und die Ostfriesen, die Menschen in Ost- und Westdeutschland: Sie werfen meine Landsleute, also die Menschen aus dem arabischen Raum, alle in einen Topf. Das ist also eine Gemeinsamkeit zwischen unseren Völkern: Schublade auf – Urteil rein – Schublade wieder zu. Aber ich glau- be, es gibt noch andere Gemeinsamkeiten: Kurz nach meiner Ankunft in Deutsch- land musste ich bei der Post eine Identi- tätsprüfung durchführen, um ein Konto einrichten zu können. Das war eine sehr umständliche Prozedur, da der Computer meine Eingaben zunächst nicht verstand. Eine Postmitarbeiterin wandte viel Zeit und Mühe auf, um mein Problem zu lösen, was gar nicht ihre Aufgabe war. Dafür bedankte ich mich sehr herzlich bei ihr und sagte ihr, wie glücklich ich war, so eine hilfsbereite Person getroffen zu haben. Sie antworte- te: „Ach, wissen Sie, meine Tochter wird nächste Woche nach Kanada umziehen, um dort ihr Studium zu absolvieren. Ich Steckt uns nicht in eine Wasserpfeife! Von Dima Halabi dima-h93@hotmail.com wünsche mir für sie, dass sie dort ebenfalls eine Person treffen wird, die ihr hilft, wenn sie Hilfe benötigt. Deshalb brauchen Sie mir nicht zu danken.“ Von ihren Sätzen war ich sehr beeindruckt. Diese deutsche Frau zeigte nicht nur die gleiche Hilfsbereitschaft, die wir in der ara- bischen Kultur so schätzen (und die in den arabischen Vorstellungen über den Westen nur selten vorkommt); offenbar kannte sie auch das Karma-Prinzip, an das auch wir glauben... Vielleicht verlieren wir in der heutigen Zeit ein Stück der Menschlichkeit und der Hilfs- bereitschaft. Aber diese stellen weitere Ge- meinsamkeiten unserer Kulturen dar – und sie sind der einzige Weg, der uns durch die- se schwierigen Zeiten führen kann. Dima Halabi kam 2017 nach Deutschland, um ihr Studium der Pharmazie fortzusetzen. Dima Halabi, Foto: Wolfgang Wedel Auf Einladung der NRW-Stiftung besuch- te das nid-Team im März 2018 den ersten NRW-Heimatkongress in Münster. Und siehe da: Wir trafen Deutschlands wohl be- kanntesten Interpreten deutscher Heimat- lieder! Heino wird Ende des Jahres achtzig Jahre alt und hat in NRW die Rolle eines Heimatbotschafters für Musik übernom- men. „Heimat ist vielfältig“, sagt NRW-Heimat- Ministerin Ina Scharrenbach (CDU), „sie grenzt niemanden aus, sondern vereint.“ Ein bisschen vermisst haben wir aus aktu- ellem Anlass dennoch eine klare Position: für das demokratische Recht auf Religions- freiheit in unserer Heimat. . Heino - mit Lamia Hassow (rechts) und Dorte Huneke-Nollmann vom nid-Team beim NRW-Heimatkongress, Foto: Marija Bakker Heimat, deine Sterne 20

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