Neu in Deutschland - Nr. 10

4 „Sagen Sie das auch Ihren Landsleuten!“ Viele Menschen, die neu nach Deutschland kommen, sind in ihren Heimatländern damit aufgewachsen, dass Kinder und Erwach- sene vor der Polizei Angst haben. In Deutschland herrschen un- terschiedliche Meinungen über die Polizei, aber Angst ist selten dabei. Man kann die Polizei sogar besuchen. Echt?! Das konnten viele in unserem Team erst einmal nicht glauben. Ja, echt. In Bo- chum empfingen Pressesprecher Frank Lemanis und Polizeiober- kommissarin Nicole Schüttauf das nid-Team im Februar zu einem offenen Gespräch – mit Kaffee und einem Lächeln. Mahmoud Aldalati: Ich habe noch nie mit Polizisten Kaffee getrunken! Danke, dass Sie sich heute für uns Zeit nehmen! Frank Lemanis / Nicole Schüttauf: Sehr gerne! In einer kurzen Vorstellungsrunde erzählt Polizeioberkommissarin Nicole Schüttauf, dass sie mehrere Jahre im Streifendienst war und als Teil der Hundertschaft auch Demonstrationen begleitet hat, bevor sie zur Pressestelle kam. Aldalati: Wenn Polizist*innen bei einer Demonstration den Befehl haben zu schießen: dürfen sie diesen Befehl verweigern? Lemanis: In der jetzigen Lage wäre so eine Situation in Deutschland undenkbar: Schusswaffen werden in Menschenmengen nie eingesetzt. Zum Glück! Was wir in der Regel einsetzen, sind Schlagstöcke und Reizgas. Es ist übrigens extrem ungewöhnlich, dass die Polizei mit einer Waffe attackiert wird. Grundsätzlich liegt es aber im Ermessen der einzelnen Personen, wie sie handeln. Issam Al-Najm Darf eine Polizistin sich für eine politische Partei engagieren? Alnabulsi: Und wenn in Deutschland doch mal ein Polizist unfreundlich ist oder etwas Rassistisches sagt? Lemanis: Immer beschweren! Bei der Bochumer Polizei gibt es eine Beschwerdestelle. Die Polizeipräsidentin schenkt dieser Stelle übrigens große Beachtung. Sie guckt sich alle Fälle persönlich an. Manchmal muss sich jemand entschuldigen. Auch Polizisten können eine Strafe erhalten. Das nid-Team erzählt von Erfahrungen mit der Polizei in Syrien, vor allem negativen Erlebnissen. Lemanis: In Teilen ist uns natürlich bekannt, mit welchem Misstrauen gegenüber Staatsorganen einige Menschen hierher kommen. In Deutschland müssen wir ihnen die Chance geben, dieses Bild zu revidieren. Unser dringender Appell an diese Menschen ist: Vertrauen Sie uns! In Deutschland arbeiten die Polizei und die Menschen füreinander. Sagen Sie das auch Ihren Landsleuten! Übrigens verdienen wir bei der Polizei ziemlich gut. Damit sind wir weniger korrumpierbar. Issam Al-Najm: Was tun Sie, um das negative Bild, das viele Geflüchtete von der Polizei haben, zu verbessern? Lemanis: Sie haben Recht, vielleicht sollten wir hier stärker proaktiv werden, das ist eine gute Idee! Ich nehme diesen Gedanken gerne aus unserem Gespräch mit. Lemanis: Grundsätzlich ja. Das gehört in Deutschland in den Bereich der Meinungsfreiheit. Die oberste Pflicht von Polizisten ist es jedoch, neutral zu sein. Wenn sich jemand für eine extreme Partei engagiert, ist das auf jeden Fall ein Problem. Omar Alnabulsi: Ist die Kriminalitätsrate in Bochum seit 2015 gestiegen? Lemanis: Das kann ich mit einem klaren „Nein!“ beantworten. In Bochum ist die Zahl der Delikte sogar rückläufig. Auch Polizisten können sich strafbar machen. Aldalati: Wann darf ein Polizist unfreundlich sein? Lemanis: Nie! Wobei natürlich jeder mal einen schlechten Tag hat und manchmal muss man energisch auftreten. Nour Alzoubi: In Syrien musste man den Polizisten manchmal Geld geben. Dafür haben sie sich meistens freundlich bedankt. Laut einer Statistik haben über 80 % der Menschen in Deutschland Vertrauen in die Polizei. Das nid-Team beim Gespräch im Bochumer Polizeipräsidium.

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