Neu in Deutschland - Nr. 11

13 Beim Bochumer Festival „Ruhr Inter- national“ startete Khaled Al Rifai vom nid-Team eine Umfrage. Befragt wurden vor allem Menschen, die schon länger in Deutschland leben. Natürlich ist diese Umfrage nicht repräsentativ und natürlich treffen wir bei einem multikulturellen Fest vor allem Menschen, die kulturelle Vielfalt wertschätzen. (Andere Meinungen holen wir bei anderer Gelegenheit ein.) Finden Sie es schwierig, neue Freund- schaften zu schließen? Nein! Früher fand ich das sehr einfach, da war ich mehr unterwegs. Wenn man Mitte dreißig ist, wird das schwieriger, weil die meisten bereits fest eingebunden sind: in Freundeskreise, Familie und Arbeit. Bekanntschaften – ja, Freundschaften – schwierig. Sind in Ihrem Freundeskreis geflüchtete Menschen? Ich kenne einige, aber eher in meinem Bekanntenkreis. Ich würde das noch nicht als Freundschaften bezeichnen. Doch, ja! Lustigerweise sind die viel pünkt- licher als meine deutschen Freunde, das mag ich! Was halten Sie von der Aussage „Der Islam gehört nicht zu Deutschland?“ Ich denke, so eine Aussage spaltet unsere Gesellschaft. Man muss ja nicht jede Religion mögen, aber leugnen kann man eigentlich nicht, dass viele Muslim*innen in Deutschland leben, oder? Für die deutsche Vergangenheit ist das vielleicht richtig. Aber jetzt, wo so viele Muslim*innen hier leben, ist diese Religion für unser Land doch nicht unbedeutend. Vor allem sollte man sagen, dass sie dazu- gehören. Denken Sie, die Deutschen sind tolerant? Denken Sie, die Deutschen sind tolerant? Nicht tolerant genug! Im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen und Re- ligionen oder gegenüber Homosexuellen sind wir nicht tolerant genug. Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff Zuwanderung hören? Ich denke sofort an Kriminalitätsstatis- tiken. Dabei gibt es unter den Einheimi- schen genauso viel Kriminalität. Aber Sie haben ja nach meiner spontanen Assozia- tion gefragt, nicht wahr? Für mich ist der Begriff positiv besetzt. Ich empfinde Zuwanderung als Bereicherung. Was möchten Sie in Ihrem Leben errei- chen? Am Ende meines Leben möchte ich das Gefühl haben, dass ich die Welt ein kleines Stückchen besser gemacht habe. Ich möchte gerne meinen Garten so weit bringen, dass ich dort Obst und Gemüse ernten kann. Damit ich das nicht irgendwo anders kaufen muss. Wenn Sie zwischen Familie und Karriere wählen müssten, wofür würden Sie sich entscheiden? Auf jeden Fall für die Familie. Denken Sie, dass es in deutschen Famili- en einen guten Zusammenhalt gibt? Ich bin mit einer Iranerin verheiratet. In der iranischen Kultur spielt die Familie eine andere Rolle als in Deutschland. Das Fa- miliäre wird anders gelebt. Ich denke aber nicht, dass der Zusammenhalt deshalb in der iranischen oder deutschen Kultur „stärker“ ist – nur „anders“. Sie kennen das doch aus dem arabischen Raum: Jemanden im Krankenhaus zu besuchen ist eine Selbstverständlichkeit! In Deutsch- land sollte man immer erst fragen, ob der- oder diejenige Besuch haben möchte. Was ist in Ihren Augen ein Ausdruck von Liebe? Schwierige Frage! Ich weiß nicht. Liebe bedeutet Selbstlosigkeit: Ich tue etwas – und erwarte nichts zurück. Für mich bedeutet Liebe, dass ich eine Verantwortung gegenüber meinem Partner habe. Und Treue ist wichtig. Ziehen Sie doch auch mal eine Frage, junger Mann! Ok! - Die Frage lautet: Ist Geld Ihnen wichtig, sehr wichtig oder eher nicht so wichtig? - Nein, Geld ist mir nicht sehr wichtig. Für mich ist Glück wertvoller und das kann man mit Geld nicht kaufen. Bewahren Sie diese Einstellung! Viel Glück noch bei Ihrer Befragung! Alle Fotos: Das nid-Team bei Ruhr International im Juni in Bochum.

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