Neu in Deutschland - Nr. 10

13 Im Himmel sehen wir uns wieder Nahed Al Essa mit ihrem ersten Roman auf Arabisch. Das Erstlingswerk der syrischen Autorin Nahed Al Essa „Ein verpasster Anruf“ (auf Arabisch) ist ein kurzer poetischer Roman, der lange nachklingt. Azeddin Darmach hat ihn für uns gelesen. Eigentlich ist die Romanautorin Nahed Al Essa eine Dichterin – und das spiegelt sich deutlich im Schreibstil ihres ersten Romans wider. Das Erzählen konzentriert sich auf das Emotionale noch stärker als auf die Ereignisse. Und die besondere Sprache sorgt dafür, dass man das Buch ganz bis zum Ende liest. Als Hintergrund für ihren Roman wählte die Autorin den Bürgerkrieg in unserem Heimatland Syrien. Die Hauptfigur, eine junge Frau namens Mey, verliert dort ihr eigenes Leben, so wie hunderttausen- de von Menschen in diesen Zeiten. Und sie flieht aus ihrer Heimat in ein fremdes Land, so wie Millionen von Menschen in diesen Zeiten. Mey versucht zunächst, mit dem Flugzeug nach Deutschland zu kommen. Doch sie wird nach Syrien zurückgeschickt, weil auffällt, dass ihre Dokumente gefälscht sind. Eine Zeitlang arbeitet Mey in Damas- kus für eine Organisation, die vertriebenen Menschen hilft. Hier sieht sie das Leiden der Menschen in den Kriegsgebieten. Der- weil flüchtet ihre Familie in die Türkei. Ihr Vater stirbt an einem Nierenleiden. Mey ist schwanger, aber dann wird ein Gehirntu- mor bei ihr diagnostiziert und sie verliert ihr erstes Kind. Ihr Bruder Aziz ruft an, doch Mey verpasst seinen Anruf. Kurz da- nach, als sie zurückrufen will, ist er schon tot. Über ihre Situation scheint Mey immer mehr zu verzweifeln. Mit einem medizinischen Visum gelingt es ihr schließlich, nach Deutschland zu kom- men. Sie fliegt nach Frankfurt, wo sie sich verschiedenen Behandlungen unterzieht. Später kehrt sie zurück nach Istanbul, wo ihre Familie und ihr geliebter Mann Hasan auf sie warten. Ihre Mutter ermutigt sie, Hoffnung und Vertrauen in Gott zu haben, und Hasan verspricht, immer bei ihr zu sein. Doch vor allem die Verbindung zu ihrer Heimatstadt Damaskus, durch ihre gute Freundin Leen, die weiterhin dort lebt, erhalten Meys Lebensmut. In Istanbul stirbt Mey – mit der Hoffnung, ihr Kind, ihren Bruder Aziz, ihren Vater und ihren guten Nachbarn Abu Said im Him- mel wieder zu sehen. Die Handlung des Romans ist ziemlich einfach. Aber es gibt stets eine gute Span- nung. Der Leser ist immer neugierig, wei- ter zu lesen, um das Schicksal der Haupt- figur Mey zu verfolgen. Die Autorin hat eine wunderbare Erzählsprache. Und man muss den Roman einmal ganz durchlesen, um seinen fantastischen poetischen Stil vollständig genießen zu können. „Ein verpasster Anruf“ von Nahed Al Essa (im arabischen Original), Al Farabihaus Verlag, Beirut, Libanon, Erste Auflage 2018. Für ihr erstes Buch auf Deutsch sucht Nahed Al Essa einen deutschen Verlag: Ein Manuskript mit kurzen Er- zählungen und freien Gedichten wird im Sommer 2018 fertig sein. Azeddin Darmach Am 15. Mai 2018 stellt Nahed Al Essa ihren Roman in der Zentralen Stadtbücherei Bochum vor. In deutscher und arabischer Sprache. Mit Musikbegleitung. Beginn: 19 Uhr

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