Neu in Deutschland - Nr. 10

17 In Syrien machen wir viel Kunst aus Glas. Das Glas fängt das Sonnenlicht und strahlt. Schwarz kann auch mit Licht spielen! Wo- bei ich Elektrogeräte, die glänzen, hässlich finde. (Juan) Ich mag es, goldenen Schmuck zu tragen. Aber im Krieg war das gefährlich – und in Deutschland ist es nicht üblich. Die Frau- en in Deutschland tragen kaum goldenen Schmuck. Jedenfalls sehe ich das nicht. Ich habe mir abgewöhnt, Gold zu tragen. Der goldene Schmuck passt nicht in mein deutsches Leben. (Lamia) Von Lamia Hassow, Issam Al-Najm, Mahmoud Aldalati, Dima Halabi, Ciwan Mohemed, Dorte Huneke-Nollmann Das 1964 fertig gestellte Lehmbruck-Mu- seum besteht aus einer Stahlbetonkon- struktion mit viel Glas. In einem weiteren Gebäudeteil besuchte das nid-Team eine Ausstellung der Künstlerin Rebecca Horn. Mit vielen wichtigen Kunstpreisen ausge- zeichnet, gehört Rebecca Horn zu den im- mer noch wenigen weiblichen Kunstschaf- fenden, die in Deutschland Erfolge feiern und ausgestellt werden. Als erste Frau wurde sie 2017 mit dem Wilhelm-Lehm- bruck-Preis der Stadt Duisburg ausge- zeichnet. „Kunst ist für alle da!“ – Unter diesem Mot- to bietet das Museum zahlreiche Veranstal- tungen kostenlos an ( www.kulturpott.ruhr ). Jeden 1. Freitag im Monat gilt: „pay what you want“ ( zahl, was du möchtest) www.lehmbruckmuseum.de 3400 Kilometer habe ich hinter mich ge- legt, um in Deutschland leben und weiter als Journalist arbeiten zu können. Als ich hörte, dass eine Zeitung, die für Neuan- kömmlinge wie mich gegründet wurde, sich selbst ein Tabu auferlegt – nicht über Religion und Politik zu schreiben – das war für mich befremdlich. Politik und Religion sind keine Themen, die den Menschen genommen werden kön- nen, dafür durchdringen sie unser Leben allzu sehr. Vor allem im Leben geflüchteter Menschen spielen Politik und Religion eine besonders große Rolle. Ob man darüber spricht oder nicht: diese Themen sind für uns alle wie ein Elefant im Raum. Und weil dieser Elefant so schnell nicht verschwin- det, müssen wir über ihn sprechen. Ich komme aus einem Land der Konflikte, geboren und aufgewachsen zwischen Erd- öl und Wasser, Kirchen und Moscheen, Linken und Rechten, Stammeskulturen und der Moderne. Von verschiedenen po- litischen Lagern wurden wir verkauft oder vertrieben. Religiöse Konflikte haben unser Land brennen lassen. Unsere Sichtweisen, Haltungen, aber auch die Konflikte, die über diese Dinge entbrennen – all das ist und bleibt in unseren Köpfen. Somit sind wir alle politisch, ob wir darüber offen spre- chen oder nicht. Wenn kein Dialog darüber stattfindet, dann tragen wir unsere Vorstel- lungen von Moral und Gesellschaft, von Tätern und Opfern, vom Himmel und der Erde weiter in uns. Dann können wir uns nicht weiterentwi- ckeln und nicht weiter aufeinander zu ge- hen. Nur im Dialog können wir aktiv eine bessere Zukunft gestalten, anstatt die bis- herigen Probleme von anderen verwalten zu lassen. Wenn wir diesen Schritt nicht gehen, dann wird es immer schwieriger, zwischen- menschliche Lösungen zu finden. Nicht das Sprechen über Politik und Religion sollte ein Tabu sein. Ein Tabu sollte es sein, über diese Themen zu schweigen. Das nid-Manifest online: www.nid-zeitung.de/manifest Wir müssen über den Elefanten sprechen! In einem Manifest formulierte das nid-Team 2017: „Unsere Zeitung soll weder von politischen Meinungen noch von religiösen Überzeugungen beherrscht werden.“ Die politischen und religiösen Konflikte – auch in- nerhalb unseres Teams – sind uns bekannt. Sie sitzen mit uns am Tisch. In unserer Zeitung klammern wir politische und religiöse Haltungen jedoch so weit wie möglich aus. Ciwan Mohemed findet: Schweigen ist kein Weg nach vorne! Ciwan Mohemed (vorne) beim nid-Treffen. Fortsetzung von Seite 16

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